Wer ist eigentlich pflegebedürftig?

Sie als pflegebedürftiger Mensch oder als pflegender Angehöriger sind mit Ihrer Situation nicht allein. Der folgende Ratgeber soll Ihnen den Begriff der Pflegbedürftigkeit näherbringen und einen Überblick darüber geben, welche Leistungen und Unterstützungsangebote die Pflegeversicherung für Sie bereithält.

Der Grad der Pflegebedürftigkeit ist individuell zu erfassen. Laut Sozialgesetzbuch gelten Personen als pflegebedürftig, „die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“ (§ 14 (1) SGB XI).

Die Begutachtung

Vor der Antragstellung

Damit Leistungen der Pflegeversicherung in Kraft treten können, muss nach Antragstellung bei der Pflegekasse (bei der jeweiligen Krankenkasse angesiedelt) die Pflegebedürftigkeit festgestellt und bestätigt werden. Privat versicherte Personen stellen den Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen. Wer kann den Antrag stellen? Wenn die betroffene Person dies nicht mehr selbst organisieren kann, sind Familienangehörige, Freunde und oder der gesetzliche Betreuer dazu berechtigt, solange eine entsprechende Vollmacht besteht.

Nach der Antragstellung

Nach dem der Antrag gestellt und genehmigt wurde, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere unabhängige Gutachter, welche dann den Zustand der betroffenen Person begutachten, um eine Pflegebedürftigkeit festzustellen. Sind Sie privat versichert, dann erfolgt die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst von MEDICPROOF. Mittels eines Begutachtungsinstrumentes, welches von der jeweiligen Pflegestation ausgeht und sich an Fragen orientiert, wird dann die Pflegebedürftigkeit eingeschätzt. Solche Fragen zum Betroffenen können beispielsweise so formuliert werden: Was kann der Pflegebedürftige im Alltag leisten? Wie selbstständig ist der Erkrankte und bei welchen Tätigkeiten benötigt er Hilfe?

Der Ablauf einer Begutachtung wird im Vorfeld geplant, d.h. es gibt keine unangekündigten Besuche. Nach Terminvereinbarung mit dem Begutachter, kommt dieser in die Wohnung oder Pflegeeinrichtung. Idealerweise sind die pflegenden Angehörigen dabei, um die aktuelle Situation dem Begutachter näherzubringen und Aussagen der betroffenen Person zu untermauern. Das Gespräch mit den Angehörigen ergänzt somit das Bild des Begutachters. Grund hierfür ist, dass an Demenz erkrankte Menschen sehr unterschiedliche Tagesformen haben. Während sie an einigen Tagen relativ präsent sind, spürt man an anderen Tagen deren Gedächtnisstörungen stark. Da das Gutachter wissen, beziehen sie die Schilderungen der Angehörigen in die Einschätzung mit ein.

Dabei werden folgende Module (Lebensbereiche) betrachtet:

Lebensbereich Begutachtung
Mobilität Kontrolle der körperlichen Beweglichkeit:

· Kann die betroffene Person ohne Hilfe aufstehen und vom Bett ins Badezimmer gehen?

· Kann sie sich problemlos in den eigenen vier Wänden bewegen?

· Kann sie Treppensteigen?

Geistige und kommunikative Fähigkeiten Fokus ist hierbei das Verstehen und Reden:

· Besitzt die Person ein zeitliches und räumliches Orientierungsvermögen?

· Versteht sie Sachverhalte?

· Erkennt sie Risiken?

· Kann sie Gespräche mit anderen Menschen führen?

Verhaltensweise und psychische Probleme · Verspürt die Person bspw. Unruhe, Aggression oder Ängste in der Nacht, die die Angehörigen belasten?

· Auch Abwehrreaktionen bei pflegerischen Maßnahmen werden hier berücksichtigt

Selbstversorgung · Kann sich die Person selbstständig waschen, anziehen, die Toilette aufsuchen, essen und trinken?
Selbstständiger Umgang und Bewältigung mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen · Kann die Person Medikamente selbst einnehmen, den Blutzucker messen, mit Hilfsmitteln wie einer Prothese oder einem Rollator umgehen und einen Arzt aufsuchen?
Alltagsleben und soziale Kontakte · Kann die Person ihren Tagesablauf selbstständig gestalten?

· Kann sie mit anderen Menschen in direkten Kontakt treten?

Außerdem werden außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung vom Begutachter bewertet. Die Antworten in diesen Bereichen werden nicht bei der Einstufung der Pflegebedürftigkeit herangezogen, da die relevanten Antworten schon bei der Befragung zu den sechs Lebensbereichen mitberücksichtig sind. Wenn eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde, helfen die Informationen der Pflegekasse, wenn es darum geht, weitere Sozialleistungen oder einen auf die Person zugeschnittenen Versorgungsplan zu erstellen. Auch erleichtern die Informationen die Ergänzung der Pflegeplanung für die Pflegekräfte.

Die fünf Pflegegrade

Bei der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit werden die oben beschriebenen Lebensbereiche vom Begutachter berücksichtigt und die Ergebnisse mit einer Punktevergabe gewichtet. Auf Grundlage des errechneten Gesamtpunktewerts erfolgt dann die Einstufung in einen von fünf Pflegegraden.

Pflegegrad Beeinträchtigungsgrad
Pflegegrad 1 · Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
Pflegegrad 2 · Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
Pflegegrad 3 · Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
Pflegegrad 4 · Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
Pflegegrad 5 · Wenn die in Pflegegrad 4 beschriebenen Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergehen

Wie wird der Pflegegrad errechnet?

  1. Beurteilung der Selbstständigkeit des Menschen in den sechs Lebensbereichen
  2. Berechnung und Gewichtung der Punkte
Jeweiliges Modul Gewichtung der Punkte für Gesamtpunktestand
Modul 1 10 %
Modul 2 oder Modul 3 (höherer Wert fließt ein) 15 %
Modul 4 40 %
Modul 5 20 %
Modul 6 15 %
  1. Einstufung in die fünf Pflegegrade
Errechnete Punktzahl Stufe des Pflegegrades
12,5 – unter 27 Pflegegraf 1
Ab 27 – unter 47,5 Pflegegrad 2
Ab 47,5 – unter 70 Pflegegrad 3
Ab 70 – unter 90 Pflegegrad 4
Ab 90 – 100 Pflegegrad 5

Der Leistungsbescheid

Im Leistungsbescheid der Pflegekasse wird über den Pflegegrad und die dazugehörigen Leistungen informiert. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes wird zusätzlich beigelegt, damit die Entscheidung der Pflegekasse für die versicherte Person nachvollziehbar und transparent ist. Sie können die Übermittlung des Gutachtens auch zu einem späteren Zeitpunkt verlangen.
Dabei ist das Gutachten für den Pflegebedürftigen und dessen Angehörige eine wichtige Informationsquelle. Das Gutachten empfiehlt sich auch zu Pflegeberatungen mitzunehmen und dieses mit der zuständigen Pflegekraft zu besprechen.
Wenn Sie der Meinung sind, dass der Pflegegrad fehlerhaft eingeschätzt wurde, besitzen Sie das Recht, bei Ihrer Pflegekasse Widerspruch einzulegen. Wenn sich der gesundheitliche Zustand des Pflegebedürftigen verschlechtert, ist es jederzeit möglich bei Ihrer Pflegekasse einen Höherstufungsantrag zu stellen.
Neben dem Leistungsbescheid erhält die versicherte Person auch eine Präventions- und Rehabilitationsempfehlung, da bei jeder Begutachtung geprüft wird, welche Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation geeignet sind. Eine positive Rehabilitationsempfehlung wird im gleichen Zug an den jeweiligen Rehabilitationsträger weitergegeben und ein Antragsverfahren eingeleitet, solange der Versicherte zustimmt.

Wohnformen für Menschen mit Demenz

Je nach Pflegegrad und familiärer Situation der betroffenen Person, kommen für Menschen mit Demenzerkrankung verschiedene Wohnformen in Betracht.

Die Pflege zu Hause

Die eigenen vier Wände und das gewohnte Lebensumfeld bedeuten für die Betroffenen Geborgenheit und Sicherheit. Für die an Demenz erkrankte Person kann es daher besonders hilfreich sein, so lange wie möglich zu Hause zu wohnen. Die Pflege zu Hause ist eine gute Wahl für den Beginn einer Demenzerkrankung, wenn die Angehörigen dazu bereit sind, die Versorgung zu übernehmen. Beim Fortschreiten der Krankheit empfiehlt es sich, rechtzeitig die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen, um Angehörige bei der Pflege zu entlasten. Hierbei können ambulante Pflegedienste oder Anbieter von Tages- und Nachtpflege hinzugezogen werden. Wie lange die erkranke Person allein in deren Wohnung leben kann, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Sie hängt vom Zustand der Person und dem jeweiligen Unterstützungsnetzwerk ab.

Die Pflege-Wohngemeinschaft

Pflege-Wohngemeinschaften sind ambulant betreute Wohngruppen. Diese neue Wohnform, auch „Pflege-WG“ genannt, erfreut sich immer größerer Beliebtheit. In einer Wohngruppe können die Erkrankten mit Gleichaltrigen zusammenleben und gemeinsam Unterstützung erhalten. Da die Bewohner jeweils in eigenen Zimmern leben, können sie sich jederzeit zurückziehen und müssen daher nicht auf Privatsphäre verzichten. In Gemeinschaftsräumen können dann gemeinsame Aktivitäten stattfinden. Die Gründung einer Pflege-WG wird durch die Krankenkasse unterstützt. Unter gewissen Voraussetzungen zahlt diese eine Anschubfinanzierung bei der Gründung, Zuschüsse für die Anpassung des Wohnraums sowie einen Wohngruppenzuschlag. Informationen zu dem Thema finden Sie bei den Pflegekassen, Ihrem Versicherungsunternehmen oder den Pflegestützpunkten. Auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft steht Ihnen rund um das Thema zur Verfügung.

Wohnen und Pflege in einer Einrichtung

Sobald die Person ein fortgeschrittenes Stadium der Demenzerkrankung besitzt, führt oftmals kein Weg an einem Leben in einer vollstationären Einrichtung vorbei. Weder für die Betroffenen noch für die Angehörigen ist dieser Schritt leicht, da die Betroffenen ihr gewohntes Lebensumfeld verlassen. Leichter wird der Schritt aber durch die Gewissheit, eine Unterbringung gefunden zu haben, in der die erkrankte Person gut aufgehoben ist und die ihre Bedürfnissen vollständig erfüllt. Die Gewissheit, dass man sich keinerlei Gedanken mehr um den Erkrankten machen muss, da er in professionellen Händen ist, nimmt auch bei den Angehörigen den Druck. Aber auch für den Menschen mit Demenz kann dieser Wechsel viele Vorteile haben: einen strukturierten Alltag, Menschen, die ihnen mit Hilfe und Verständnis begegnen und eine Gemeinschaft.

Ihre Ansprechpartnerin

Katja Hopf
Katja Hopf Geschäftsführerin

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